Eine Landschaft in der man Natur pur, in vielen Facetten und in einem typischen Reizklima, noch erleben kann, hier sorgen Schafherden gegen eine wilde Verbuschung der Landschaft 

Auf dem Westerwaldsteig über den Hohen Westerwald! 1.Etappe

Unterwegs auf dem Westerwaldsteig von Herborn mit seiner historischen Altstadt, entlang von vielen Windrädern über die Höhen des Westerwaldes, über die Fuchskaute den höchsten Punkt des Westerwaldes mit ihren Wacholderweiden und Magergraswiesen auf denen auch heute noch Schafherden unterwegs sind, vorbei am Herbstlabyrinth Höhlensysstem bei Erdbach wo man  einen beeindruckenden tiefen Einblick in die Erdgeschichte nehmen kann, bis nach Breitscheid. 

Also eigentlich beginnt man ja jede Etappe am Anfang, was ja auch irgendwie logisch wäre. Aber ich habe nun einmal beschlossen die erste Etappe rückwärts zu gehen, d.h. anstatt von Herborn nach Breitscheid gehe ich jetzt von Breitscheid nach Herborn. Das hat aber nicht nur etwas mit meinem Widerwillen gegen alles vorgegebene zu tun oder weil alle es so machen, sondern auch aus Bequemlichkeit d.h. sich nicht alles schwerer zu machen als eigentlich notwendig!

Der Wandertag hat heute morgen nicht besonders verheißungsvoll begonnen! Erst einmal habe ich meinen Bus, der mich nach Breitscheid bringen soll gerade um um ein paar Minuten verpasst (aber knapp vorbei ist auch daneben). Deshalb darf ich die nächste Stunde noch in Herborn verbringen. Das ist zwar kein Drama bringt meine Planung aber doch etwas durcheinander. Aber was solls, man ist ja flexibel wie ein Turnschuh und nicht wie eine Stahlplatte! Der Morgen ist schön und es verspricht ein sonniger Tag zu werden, außerdem ist Herborn mit seinen schönen Fachwerkhäusern immer einen Besuch wert. Während ich vom Busbahnhof langsam wieder zum Marktplatz zurückgehe kann ich immer wieder einen Blick in die malerischen Seitengassen werfen, die sich zwischen manchen Fachwerkhäusern hindurch schlängeln. Viele dieser Häuser sind im Laufe der Jahrhunderte so schief geworden das sie sich oben fast berühren während unten ein schmaler Weg von ca. 2 mtr. Breite sich hindurch windet. Bei anderen Häusern hat man den Eindruck das eins das andere hält, und sollte mal eines nicht mehr stehen würde das andere auch unweigerlich  umfallen.

Am Marktplatz mit seinem Löwenbrunnen steht das 1589 erbaute Rathaus, das seine heutige Form um 1630 erhielt, diese Info steht zumindest auf einer Hinweistafel geschrieben. Die Außenbrüstung des Rathauses ist mit Familienwappen, und Zunft- und Handelszeichen geschmückt. Im Innern hat inzwischen die Tourist-Information ihre Bleibe gefunden.

Ich habe ja Zeit und setzte mich am Marktplatz in ein gerade geöffnetes Strasencafe und werde mir noch ein oder zwei Cappuccinos genehmigen, immer die Uhr im Blick! Sollte ich ich den nächsten Bus verpassen wäre mein ganzer Plan heute für die Katz!

So langsam kommt jetzt Leben in die Stadt und die Geschäftswelt. Hier und da werden laut ratternd Ladengitter hochgezogen und diese Geräusche schallen weit durch die, im Moment noch,  menschenleeren Gassen. An anderer Stelle werden schon einmal rein prophylaktisch die Sonnenmarkisen ausgefahren obwohl die Sonne, wenn sie denn heute scheint, erst in ein paar Stunden die z.T. hohen mittelalterlichen Fachwerkgiebel überblickt. Ladentüren öffnen sich und die ersten Reklame- und Sonnenbrillenständer werden in die Fußgängerzone gestellt.

Für mich wird es jetzt allmählich wieder Zeit und ich bewege mich noch einmal mit Rucksack Richtung Busbahnhof. Mein Bus steht schon da um einen Sitzplatz muss ich mich auch nicht schlagen und der Fahrer ist auch kein Morgenmuffel sonder ausgesprochen gesprächig. Pünktlich um 9.10 Uhr gehr die Fahrt über den Ortsteil Burg über Uckersdorf und Amdorf nach Breitscheid. Unterwegs steigen einige Leute zu, es werden wohl jeden Morgen mehr oder weniger dieselben seienden man grüßt sich wie alte Bekannte und hier und da wird noch ein Schwätzchen gehalten. Aber alles sehr gemächlich, was mir sehr entgegen kommt, denn jeder hat den Tag noch vor sich.

In Breitscheid an der Kirche will ich meine Wanderung beginnen aber vorher, auf der Kirchentreppe, inspiziere ich noch einmal meinen Rucksack und werfe einen prüfenden Blick zum Himmel. Aber Petrus hat es für heute offensichtlich gut gemeint, den ein blauer Himmel, an dem nur ein paar vereinzelte Schönwetterwolken stehen, verspricht einen strahlenden Tag. Quer durch den Ort führt die Strecke aber die Wegemarkierung, ein grünes W auf weißem Grund, sind gut sichtbar angebracht, sehr oft an den Pfosten von Verkehrsschildern, wie ich im Laufe der Strecke feststellen werde. Am Ortsausgang von Breitscheid treffe ich drei weitere Wanderer, die gerade dabei sind ihre Wandersachen wie Schuhe, Rucksäcke usw. aus den Untiefen ihres Autos zu befördern. Zum Glück sprich mich keiner an, denn im Moment habe ich absolut keine Lust auf Konversation und möchte einfach nur gehen.

Der Steig geht auf einem gut befestigten Weg durch eine offene Wiesenlandschaft leicht begab und gleich zu Beginn stelle ich fest das es gut ist immer nach Wegemarkierungen Ausschau zu halten. Aber ich bin ja lernfähig (glaube ich mal) denn während der gut befestigte Weg schnurgeradeaus weitergeht biegt der Wanderweg plötzlich und unerwartet nach links über einen Wiesenweg ab der jetzt an einem, mit dichtem Buschwerk bestandenen, Waldrand entlang führt. Da wo die Morgensonne noch nicht hingekommen ist glitzert auf dem Gras noch der Tau! Was wird wohl hinter dem dichten Buschwerk am Wegrand sein, diese Frage habe ich jetzt im Kopf und deshalb muß sie auch jetzt und hier gelöst werden. An einer lichteren Stelle des Buschwerks schlage ich mich nach links in die Büsche nd bleib fast sofort stehen, denn der Waldboden senkt sich nach wenigen Metern ziemlich abrupt steil nach unten ab und bildet eine schmale aber tiefe Schlucht, die sich parallel zum Wanderweg und anscheinend immer tiefer werdend nach rechts fortsetzt. Hier links von mir hat auch der Erdbach irgendwo das Tageslicht verlassen und sucht sich unterirdisch seinen Weg durch das Kalksteingebirge. Weiter unten im Tal werde ich aber wieder auf ihn treffen wenn er seinen unterirdischen Weg verlassen hat und wieder das Tageslicht erblickt.

Auf dem Grasboden lädt es sich hervorragend gehen und mit einem kleinen Schlenker mündet der Weg in einen lichten Hochwald. hier treffe ich auch wieder auf die vorerwähnte Schlucht an der der Steig ein kurzes Stück direkt vorbeiführt. An einer Stelle hat man, wie von einem Balkon, einen freien Blick in die Tiefe. Über die unten wachsenden Bäume kann ich in der Ferne schon den Ort Erdbach sehen. Aber eigentlich sollte ich diesen Balkon gar nicht betreten, denn er ist mit einem Holzgeländer vom Weg abgetrennt, aber außer mir haben offensichtlich auch schon andere das Geländer missachtet, denn der Blick über die Baumkronen ist einfach toll.

Anfangs brauche ich immer eine kurze Strecke um mich einzulaufen, aus diesem Stadium bin ich jetzt heraus und auch der Anfangs auf den Schultern etwas drückende Rucksack hat nun anscheinend seine endgültige Lage eingenommen. Der Steig windet sich jetzt unter den Baumwipfeln des Hochwaldes oder durch niedrige Gehölze hindurch, aber insgesamt geht es jetzt schon stetig bergab.

Die drei Wanderer, die ich zu Beginn meiner Etappe getroffen habe, haben mich offensichtlich irgendwo überholt, wahrscheinlich während ich im Wald die Schlucht gefunden hast. Sie sind jetzt auf dem Pfad voraus bzw. ich höre sie schon bevor ich sie sehe. Zwei von ihnen kommen gerade seitwärts auf einem schmalen Pfad über glitschig Steinstufen den Hang hinunter „Da oben, nicht weit von hier, sind die Steinkammern von Erdbach“ geben sie Antwort auf eine entsprechende Frage von mir. Im Reiseführer hatte ich davon gelesen und neugierig wie ich nun mal bin muss ich mir dies nun auch ansehen und steige den kurzen, steilen Naturpfad hoch, der vom Morgentau noch etwas rutschig ist. Direkt voraus tut sich dann vor mir eine Höhle in den Kalksandsteinfelsen auf. Eine Hinweistafel informiert mich das dies die sogenannte große Felsenkammer ist und wenn ich den Pfad nach links den Hang entlang einfach weitergehe komme ich zur kleinen Felsenkammer wo mich auch eine Hinweistafel informiert. Beide Kammern waren Wohnplätze unserer Vorfahren in der Jungsteinzeit. Die Funde aus diesen Steinkammern sind neben vielen anderen Fossilien aus dem -Erdbacher Urmeer- im Museum -Zeitsprünge- in Erdbach zu sehen, so steht es auf jeden Fall in meinem schlauen Reiseführer, und der sollte es ja eigentlich wissen!

Hier im Hochwald unter den schattigen Bäumen ist es so angenehm das ich jetzt am liebsten schon eine Rast einlegen würde, aber so lange bin ich noch nicht unterwegs um jetzt schon eine Pause zu machen. Auf gut befestigten Weg geht es stetig bergab. Die drei Wanderkollegen von vorhin sind auch schon lange meinem Blick und Ohr entschwunden nur rechts vom Weg plätschert ein kleiner, wahrscheinlich namenloser, Bach. Allmählich dringen wieder Zivilisationsgeräusche an mein Ohr und ehe mich ich versehe öffnet sich der Wald und ich stehe auf einem Parkplatz am Ortsende von Erdbach. Nach kurzer Orientierung entdecke ich die bekannte Wegemarkierung links von mir, also muß ich sozusagen wieder in den Wald zurück. Ich muß diesen Parkplatz nur am äußersten Ende überqueren und kann dann zum Glück wieder in das Grün des Waldes eintauchen. Sofort bessert sich auch meine Stimmung wieder denn große leere Parkplätze haben immer etwas leicht depressives. 

Der Weg führt an einem alten Steinbruch vorbei, der aber geschützt ist. Hier wurde bei Sprengungen 1993 das sogenannte -Herbstlabyrinth- Adventhöhlensystem entdeckt. Alles über dieses Höhlensytem sowie 25 Millionen Jahre alte Fossilien, die hier gefunden wurden, kann man ebenfalls im Museum in Erdbach erfahren und auch besichtigen (auch dies verrät mir mein schlauer Reiseführer).

Vor mir höre ich ein leises Plätschern und wie ich um die nächste Kurve biege ist er wieder vor mir, der Erdbach. Hier an dieser Stelle verlässt er seinen unterirdischen Lauf durch das Karstgebirge und hat dabei erheblich an Wassermenge zugenommen. Der Wasseraustritt ist eingefasst und mit einem Hinweisschild versehen.

Unter der jetzt hochstehenden Sonne, die aber von einem schönen grünen Laubdach etwas abgebremst wird, war das letzte Wegstück ziemlich eben. Aber nun geht es fast unmerklich leicht bergauf, und am nächsten Wegeabzweig muß ich jetzt erst einmal stehen bleiben da mir nicht direkt klar ist wohin, geradeaus oder rechts abbiegen. Aus dem Bauch heraus müsste es nach rechts gehen und voll Vertrauen mach ich das auch. Die Bestätigung erfolgt schon nach wenigen Metern. Das vertraute „W“ findet sich an einem Baum. Rechterhand taucht jetzt der Friedhof von Erdbach auf und ich gehe am Ortsrand durch einige Strasse um dann den Ort wieder zu verlassen. Am Waldrand entlang führt der Weg eine langgezogene Steigung zu einem Höhenrücken hinauf und ich bin froh das auch hier weit überhängende Bäume den Weg manchmal etwas beschatten. Rechterhand noch einmal einen Blick auf Erdbach das jetzt vollem Sonnenlicht eines wunderschönen Sommervormittags liegt. 

Diese Steigung hat es doch in sich, zuerst sah es gar nicht so besonders aus, aber jetzt komme ich doch ziemlich ins Schwitzen, besonders wenn kein schützendes Laubdach die im Moment ziemlich stechende Sonne abhält, und ich voraus den Höhenrücken sehe, wo ich hin will und der nur sehr langsam und unwillig näher kommt. Kurz vor dem Erreichen des höchsten Punktes zweigt der Steig rechts ab, auch hier ist die Markierung erst auf den zweiten Blick sichtbar, da sie intelligenterweise nur von der anderen Seite aus zu sehen ist, aber da habe ich ja nun schon Übung drin.

Aber erst einmal hier oben angekommen muß ich sagen „Der Schweiß hat sich gelohnt“. Ein letzter Blick rechter Hand auf das weit unten im Tal liegende Edbach und dann gehts weiter über diesen Höhenrücken, Streuobstwiesen und durch lichte Buchen- und Eschenwälder. So allmählich bekomme ich Hunger und halte Ausschau nach einem geeigneten Rastplatz, aber hier sind so viele und die Auswahl fällt so schwer!! Es geht mir wie dem Autofahrer der auf einem großen und freien Parkplatz einfach keinen geeignete Platz für sein Auto findet, man hat einfach zuviel Auswahl! Weit voraus sehe ich jetzt auch wieder die Wanderer von heute morgen denen ich inzwischen schon mehrmals begegnet bin!

Aber wer sagts denn, hier oberhalb von Medenbach habe ich genau die Stelle gefunden die ich gesucht habe. Also Rucksack runter und Thermoskanne  raus. Von hier habe ich einen tolle Blick auf das seitlich vor mir liegende Tal in dem sich Medenbach vom Talgrund den gegenüberliegenden Hang mit einem Neubaugebiet hochzieht. Aber alles noch soweit weg das kein Geräusch bis zu mir dringt. Ich muß sagen, so hier im Gras zu sitzen, Kaffee zu trinken, etwas zu essen und keinen Lärm zu hören das hat etwas, das ist richtig entspannend. Die Insekten fliegen von Blüte zu Blüte um Nektar zu sammeln und ich selber denke an alles möglich und unmögliche, wobei ich glaube das man manchmal einfach das unmöglich escheinende anpacken sollte um dann erstaunt festzustellen, das es doch möglich ist!! Mir fällt auf, wie lange habe ich schon nicht mehr bewußt den Geruch von frisch gemähtem Gras bzw. von Heu in der Nase gehabt, hier ist dieser Geruch im Moment allgegenwärtig! Der normale Alltag, wie ich ihn sonst kenne, ist auf jeden Fall gaanz weit weg!!

Aber ich will ja nun hier keine Wurzeln schlagen und habe auch noch so einige Kilometer vor mir. Deshalb rufe  ich mich jetzt zur Ordnung, denn anderfalls könnte ich hier noch stundenlang sitzen. Der Weg führt noch eine Weile über diesen Höhenrücken mit Blick links und recht in die Täler des Ambach- und Medenbaches und senkt sich dann allmählich abwärts. Vor mir vor einer Kurve höre ich Stimmen, ich biege um eine Buschecke, und da sitzen die drei Wanderer wieder, die ich eigentlich schon weit vor mir vermutet hatte „Noch einmal, und jemand muß einen ausgeben, und das wird kein Wasser sein“ ruft einer von ihnen mir entgegen. Sie haben es sich hier schön bequem gemach, eine Ausbuchtung im Gebüsch, ein Tisch und eine Bank, alles ist optimal zum Füße hochlegen. Der Pfad führt jetzt spürbar bergab, entlang einer Koppel auf der 3 Pferde neugierig ans Gatter kommen. Sie haben mit Sicherheit, so wie ich, keinen Stein im Schuhwerk der auf die Fußsohle drückt und deshalb hier und sofort entfernt werden muß!

Linker Hand liegt jetzt Uckersdorf, und ich stehe oberhalb des Orte an einer Wegkreuzung, die nur einen Fehler hat, hier ist keine Markierung mehr. Also habe ich wohl auf dem letzten Stück Weg irgendwo eine Markierung übersehen! Eigentlich widerstrebt es mir den Weg zurückzugehen und diesen Punkt zu suchen, Aber letztendlich bleibt mir nichts anderes übrig, und so geht es, mit einem leichten Brummeln in der Stimme, auf dem Weg wieder zurück. Aber ich habe anscheinend Glück, denn nach nur knapp 200 mtr. sehe ich es schon. Der Steig zweigt hier vom gut ausgebauten Splittweg links neben einem Gebüsch auf einen Wiesenweg ab. Zur Allgemeinen Verunsicherung der Wanderer ist an diesem Abzweig keine Markierung angebracht, zumindest sehe ich keine, sondern listigerweise erst nach ca. 50 mtr. auf diesem Wiesenweg. Aber was solls, wenn sich alle Probleme so leicht lösen würden wäre es ja direkt langweilig.Der Wiesenweg führt mich jetzt direkt abwärts mitten nach Uckersdorf und dann innerhalb des Ortes über Ortsstrassen und  schmale Fußgängerfade, die z.T. zwischen den Häusern und Hausgärten hindurch führen, quer durch den Ort um dann am Ortsende, nach einem kurzen Anstieg, direkt unterhalb des Vogelparks herauszukommen. Der Vogelpark wird auch im Wanderführer erwähnt und schon aus einiger Entfernung höre ich das Pfeifen und Rufen der Aras und Kakadus. Daneben viele Töne und Geräusche aus der Tierwelt die ich als Nichtfachmann überhaupt nicht zuordnen kann. Außerdem natürlich das Meckern der Bergziegen aus dem angeschlossenen Streichelzoo, die nicht zu überhören sind. Diese vielfältige Geräuschkulisse begleitet mich nun ein ganzes Stück des Anstiegs, der entlang des Vogelparks führt.

Jetzt will mich eine schöne Schutzhütte schon wieder zu einer Pause verführen, lt. Hinweisschild mündet hier ein Zuweg zum Rothaarsteig. Aber so schnell lasse ich mich nun doch nicht verlocken denn ich fühle mich gut, und an den frisch gemähten Wiesen und Weiden vorbei, die so herrlich nach Gras und Heu duften lädt sich einfach ganz toll laufen. Kurze Zeit später muß die K39 und der -kleine Donsbach- überquert werden, der nur ein paar hundert Meter weiter in den Amdorfbach mündet. Voraus sichte ich eine Bank und gebe jetzt doch der Versuchung nach hier eine Rast einzulegen. Im Rucksack ist genug zum Essen und Trinken, und es wäre doch ein Jammer wenn ich diese Sachen umsonst getragen hätte. Während ich hier so sitze und Seele und Beine etwas baumeln lasse denke ich so -wie lange ist es her das ich diesen Gras- und Heugeruch bewußt wahrgenommen habe oder Insekten bewußt gesehen habe wie sie von Blüte zu Blüte, von Blume zu Blume fliegen-? In der Hektik des Alltags und dem vermeintlich ganz wichtigen geht einem so viel verloren. Ich muß mir einfach wieder mehr Zeit für mich selbst nehmen. Die eigene Wahrnehmung in der Natur schärfen kommt einem dann auch wieder im Alltag zu Gute.

Aus einiger Entfernung höre ich lautes Sprechen und durch Bäume und Sträucher kann ich sie jetzt auch schon sehen, meine Schatten von heute, die drei Wanderkollegen! „Das wird wohl für heute das letztemal sein“ meint einer von Ihnen im Vorbeigehen, „wir wollen jetzt in einem durch nach Herborn“. „Das könnte evtl. so sein, aber nicht genaues weiß man nicht“ ist meine Antwort. Die drei sind nun schon lange entschwunden und ich bin auf dem kurzen Anstieg nach Neuhaus. Das einstige Forsthaus der Grafen zu Dillenburg ist schon sehenswert mit seinen säulengeschmückten Arkaden und der angrenzenden Gartenmauer, die mit Kletterpflanzen ganz bewachsen ist und einen gemauerten Tordurchgang besitzt. So wie dieser Tordurchgang muss der Eingang zu einem verwunschenen Zaubergarten aussehen. Auf der anderen Hügelseite führt der Weg durch einen kleinen Wald in mehreren Kurven wieder bergab und nach dem Überqueren einer Hauptstrasse bin ich jetzt in einer weiten Talaue des Amdorfbaches, der hier mit einer weitgespannten Brücke überquert wird. Ein paar, offensichtlich auch ortsunkundige, Radfahrer kommen mir entgegen und fragen nach dem Weg nach Burg. Hier kann ich ihnen, obwohl auch ortsunkundig, weiterhelfen. „Da müssen sie zurückfahren und nach der Brücke dann links“, eigentlich müssten sie es jetzt, nach dieser höchst präzisen Beschreibung, gefunden haben!

Aber hier hat mich dann auch eindeutig der Verkehrslärm wieder eingeholt. Auf der nahen Landstraße herrsch reger Verkehr, aber vielleicht empfinde ich das auch nur so nach mehreren Stunden ziemlicher Ruhe und man muß sich nur wieder daran gewöhnen? Die Brücke unterquere ich halbschräg und am anderen Ende zeigt das bekannt -W- auf einen schmalen Trampelpfad der sich seitwärts in die Büsche schlägt. Ha, hier hat mich der Wald wieder, ich habe noch einmal eine Galgenfrist gegen den Verkehrslärm, das Grün der Bäume und Gezwitscher der Vögel hat eine ausgesprochen beruhigende Wirkung. Linkerhand, schräg unten erkenne ich noch die alte Bahntrasse der Querbahn Herborn-Rennerod deren Schienen allerdings längst abgebaut sind. Unter dem Grün der Blätter, die die Sonnenstrahlen gut abschirmen, läßt sich wieder gut wandern und von mir aus könnte es so weitergehen. Aber damit ich nicht übermütig werde tauchen schon nach kurzer Wegstrecke voraus die ersten Häuser von Burg auf. Auf asphaltierter Strasse streife ich den Ortsrand um dann scharf recht einen Anstieg hochzugehen, ja und jetzt stehe ich sozusagen mitten auf einer Baustelle auf der jegliche Beschilderung vorläufig abhanden gekommen ist. Eine mächtige Autobahnbrücke wird hier saniert und deshalb sind alle Wanderhinweise vorübergehend abgebaut. ich muß also wieder einmal nach Baugefühl navigieren, aber ich weiß ja die ungefähre Richtung und deshalb ist es nicht besonders kompliziert, bedeutet aber auch auf einer asphaltierten, ziemlich steilen Baustrasse hinab ins Windelbachtal. Das geht vielleicht in die Oberschenkel, auf der anderen Seite geht es, vielleicht noch etwas steiler, wieder bergan. Beim Bergaufgehen kann ich stellenweise, wegen der Steilheit , fast mit den Händen mitgehen. Um das ganze noch etwas zu seigern dröhnt über mit der Verkehrslärm der Autobahn sowie der Lärm von Betonaufbruchhämmern, die die Arbeiter über mit in schwindelnder Höhe einsetzen, um den maroden Beton der Brücke abzustemmen. Dieses kurze Stück der Wanderung ist sicherlich nicht das Highlight der Strecke, zumindest vorübergehend. 

So kurz vor dem Tagesziel lasse ich mir jetzt allerdings von nichts und niemand mehr die gute Laune verderben, zumal dieses sehr kurze Stück in Wirklichkeit doch schnell überwunden ist. Eine längere Strecke durch einen schönen Hochwald der sich, jetzt schon oberhalb von Herborn, entlang eines Hangs schlängelt erlaubt mir schon einen Überblick über die Stadt im Tal der Dill, mein Zielort für heute. Auf asphaltierter Straße geht es jetzt ständig bergab. Es ist schon ein Unterschied auf weichem, federndem Waldboden oder auf hartem Asphalt zu gehen. Über einen steilen Stich, der förmlich ins Tal fällt, erreiche ich sozusagen direkt die Herborner Innenstadt. Diese letzten Meter gehen wegen der Steilheit noch einmal richtig in die Beine, aber ich habe von hier aus auch einen tollen Blick auf das Schloß und die benachbarte evangelische Kirche. Hier unten in der Fußgängerzone herrscht jetzt ein geschäftiges Treiben, aber ich bin eigentlich nur auf der Suche nach einem Eiscafé wo ich einen, ständig vor meinem inneren Auge schwebenden, Eisbecher genießen kann. Am Rande des Marktplatzes mit seinem mittelalterlichen Rathaus (lt. Reiseführer zählt der romantische Marktplatz mit dem Löwenbrunnen zu den schönsten Deutschlands) finde ich dann auch was ich suche. 

Jetzt wo ich sitze merke ich nun doch das die Beine und Füße etwas wehtun und für morgen haben ich einen leisen Verdacht auf Muskelkater, aber was solls, das Eis schmeckt lecker und ich fühl mich gut. Ja, und wer kommt denn da angeschlichen, meine drei Wanderkollegen, die hatte ich vollständig vergessen und auch nicht mehr mit ihnen gerechnet. Ich hatte gedacht sie müssten längst hier angekommen sein, denn das letztemal hatten sie mich doch kurz vor Neuhaus überholt! Sie suchen offensichtlich auch eine Lokalität und haben mich noch nicht gesehen.

Für heute reicht es jetzt und mach mich auf den Heimweg. Dabei muß ich zwangsweise da vorbei wo es sich die drei bei einer Runde Weißbier gemütlich gemacht haben. Da mich gerade die Neugier plagt will ich sie gerade fragen wo sie solange geblieben sind. Doch einer von ihnen kommt mir zuvor „Haben Sie oben bei der Autobahn unter der Brücke gleich den richtigen Weg gefunden, wir haben uns nämlich ganz schön verlaufen bis wir wieder den richtigen Pfad gefunden haben? Nein, eigentlich nicht“. Jetzt weiß ich auch noch weshalb die drei so spät waren ohne meine Neugier zuzugeben. Außerdem bin ich auch noch zufrieden heute nicht der einzige zu sein der sich verlaufen hat. Gut, es ist nur ein kleiner Erfolg, aber ich denke der Mensch lebt eigentlich nur von seinen kleinen Erfolgen! Viele Menschen jagen ihr ganzes Leben dem großen Erfolg hinterher, den die meisten sowieso nicht finden, und während dieser ganzen Jagd übersehen sie die vielen kleinen Erfolge die sie in ihrem Leben haben!!

Mit einem „Also machts gut, ich mach mich jetzt mal vom Acker“ verabschiede ich mich von den dreien. Auf mich wartet jetzt eine heiße Dusche und die Vorbereitung für die nächste Etappe auf dem Westerwaldsteig!

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